
In vielen Volkserzählungen, namentlich in den Märchen, Schwankmärchen und Schwänken, finden wir Witz, Humor und Komik am Werk. Diese gleichsam antiautoritären Eigenschaften verstärken noch den subversiven Charakter, der den genannten Erzählgattungen allesamt eignet. Selbst für die Zauber-, Wunder- und Glücksmärchen, die man gerne als die eigentlichen Märchen ansieht, in denen es aber den darin auftretenden Heldinnen und Helden angesichts der ihnen drohenden Gefahren und Mühsalen zunächst gar nicht zum Lachen ist, gilt: Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Und mit dem Märchen lacht die gesamte Erzählgemeinschaft oder Lesegemeinde.
Untersuchungsgegenstand dieses Buches sind aber auch, wenn man so will: negativ besetzte Antriebskräfte wie Spott, Schadenfreude, List und Tücke, Hybris und Gefallsucht.
Jedoch: Der Schein wird entlarvt, der böse Spuk gebannt, die Hybris stürzt, das Böse richtet sich selbst.
Zu allen Zeiten wohl fanden wir Märchen und überhaupt Erzählmotive auch parodiert und karikiert oder hat überschießende Fabulierkunst sich Bahn gebrochen - davon berichten Ostermärlein und Lügenmärchen, die streng genommen keine Märchen sind. Je enger sich die Märchenaufzeichnungen an den Urformen des Erzählens orientieren, desto deutlicher sind darin Witz, Humor und Komik erhalten. Gleiches gilt, noch einmal gesteigert, für das mundartliche Erzählen.
Im Lachen zeigen sich Erkenntnis und Wahrheit, sagt Umberto Eco durch seinen großartigen Roman »Der Name der Rose«, und Lachen ist die Kunst der Vernichtung von Angst. Doch Lachen über sich selbst - das vielleicht wertvollste Lachen, das die Welt kennt - bedeutet Erkenntnis und Wahrheit über sich selbst, bedeutet das Ende der Hybris.
Wolfgang Kuhlmann
Witz, Humor und Komik in Märchen und Schwänken
Einführung
Lutz Röhrich
Das Märchen und das Lachen
Heinz Rölleke
"Und lachte überlaut und sprach"
- Formen und Funktionen des Lachens in den Märchen der Brüder Grimm
Sabine Wienker-Piepho
"Homo Narrans" und "Homo Ridens"
Das Märchen und die Geschichtlichkeit seines Humors
Katalin Horn
Der König in der Unterhose
Das Erhabene und das Komische im Märchen, dargestellt an Beispielen aus der ungarischen mündlichen Überlieferung
Hans-Jörg Uther
Machen Kleider Leute?
Zur Wertigkeit von Kleidung, zu Sein und Schein in Märchen, Schwänken und anderen populären Erzählungen
Wilhelm Solms
Die Moral der unmoralischen Schwänke
Renate Zelger
Risus Paschalis - Das Ostergelächter
Rainer Wehse
"... so heiss, dass die Eidechsen ins Feuer krochen, um den Schatten der Bratpfanne zu geniessen ..."
Lügenmärchen und ihr Umfeld
Walter Scherf
Vatermord und gute Laune
Von den Dämonen in den Sohn-Vater-Auseinandersetzungen und den sonderbaren Deckfigurern, die der Märchenerzähler dazu ins Spiel bringt
Dieter Goergen
Die heilende Kraft des Komischen
- aufgezeigt an Beispielen aus Humanwissenschaften und belegt mit Beispielen aus Volksglauben, Mythen und Märchen
Wolfram Ellwanger
Sieben an einer Gans
- zur Psychoanalyse der Situationskomik im Märchen
Helga Zitzlsperger
Lustige Bilderbuchillustrationen - und was Kinder davon halten
Otto Betz
Die Rätselfrage
Sokratische Ironie im Volksmärchen
Franz Vonessen
"Diese sehr ernsten Scherze"
Vom verborgenen Lächeln des Märchens
Joseph Hoymann
Parodieren von Märchen, Parodistisches im Märchen, Märchen als Parodie ...
Über eine närrisch-weise Art, mit alten Geschichten umzugehen
Lutz Röhrich
Märchen und Cartoons (mit Abbildungsteil)