»Das Göttliche, der Geist der Poesie ist bei allen Völkern derselbe und kennt nur eine Quelle; darum zeigt sich überall ein Gleiches, eine innerliche Übereinstimmung, eine gemeine Verwandtschaft, deren Stammbaum verloren gegangen, die aber auf ein gemeinsames Haupt hindeutet; endlich eine analoge Entwicklung; verschieden aber sind die äußeren Bedingungen und Einwirkungen.« So schrieb Wilhelm Grimm schon 1811. Beiden Brüdern Grimm, die wir auch heute noch als Vordenker sehen, kann man nur bestätigen, dass von ihnen bereits in bildhaft andeutender Sprache die »Einheit des Menschengeistes« angesprochen wurde.
Märchen (nicht ihre Requisiten) sind im Grunde zeitlos, sie sind alt und jung zugleich.
Fragen der oralen und der literalen Tradierung sowie deren Wechselwirkung, ein Problem, das nur interdisziplinär behandelt werden kann, beschäftigt uns in diesem Bande, der Beiträge von Volkskundlern, Germanisten, Völkerkundler, Indologen, Ethnosoziologen enthält. Außerdem wird im Literaturverzeichnis auf thematisch wichtige Arbeiten aus weiteren Disziplinen hingewiesen. Zugleich ist uns bewusst, dass man das Problem lediglich im methodischen Bereich sehen, beschreiben und angehen kann. »Pergamentmotten« sind die Beiträge(r) jedoch nicht, denn zahlreiche (Märchen-)Beispiele wirken anschaulich und belebend.