Märchen gehören zu den „Pionieren der Migration“, wie Kristin Wardetzky es ausdrückt. Sie wandern unbekümmert von einer Kultur in die nächste und bleiben sich doch treu. Für Menschen, die Märchen erzählen und weitergeben, gehört es selbstverständlich dazu, tradierte Geschichten aus anderen, oft fremden Kulturen zu erzählen, sie sich anzueignen. Doch wie gehen wir damit um, dass es sich dabei nicht um unsere Kultur handelt?
Vor allem in den USA und in Großbritannien wird dieses grundsätzliche Thema auf dem Hintergrund von Kolonisation und Unterdrückung unter dem Oberbegriff der „cultural appropriation“ schon länger diskutiert, hierzulande gesellschaftlich wohl hauptsächlich im Zusammenhang mit der Dekolonialisierung der Museen. Doch im Bereich der Märchen ist es diesbezüglich auffallend still.
Das nimmt diese Fachtagung zum Anlass, einmal genauer hinzuschauen. Wie gehen wir beim Märchenerzählen und in der Auseinandersetzung mit Märchen mit dem Kulturgut anderer Kulturen um? Welche Rolle spielte dieses Thema bei den Märchensammlungen des 19./20. Jahrhunderts? Welche Haltung haben die Erzählenden diesbezüglich?
Um diese und andere Aspekte der kulturellen Aneignung in aller gebührenden Breite zu diskutieren, werden wir bei der Fachtagung nicht nur den Bereich der Märchen zu Wort kommen lassen, sondern auch über den Tellerrand schauen und einen Blick in die Bereiche Musik und Bildende Kunst werfen.
Das detaillierte Programm ist in gedruckter Form über die Geschäftsstelle der EMG oder untenstehend als Datei erhältlich.