Unser Welt- und Selbstbild wird in frühen Jahren entscheidend geprägt von den für uns lebensbedeutenden Menschen, in der Regel sind das die Eltern.
So ist es nicht überraschend, dass in den Märchen Eltern oft als wichtige Nebenfiguren der Heldin, des Helden auftauchen. Erstaunlich ist eher, dass die Erfahrung, ein Kind zu bekommen, weit seltener vorkommt und meist fast beiläufig erwähnt wird. Erstaunlich auch, dass die Märchen-Eltern ganz überwiegend eine Enttäuschung sind: es wimmelt von bis zur Mordlust eifersüchtigen und übelwollenden Müttern, die mitunter zu Stiefmüttern „degradiert“ werden. Die Väter kommen nicht besser weg, sie versagen als Beschützer ihrer Kinder, werden übergriffig oder verurteilen sie zum Tode, wobei ihr Verhalten nie als stiefväterlich inszeniert wird.
Wir wollen im Seminar solche üblen Märcheneltern und ihre dennoch ungebrochenen Kinder betrachten und fragen, welches Welt-Erleben hinter diesem weltweiten Motiv stehen mag.
