Märchen erzählen von der Lebensreise, von der Suche nach Sinn und
Glück, Veränderung und Wandel. Sie erzählen aber auch vom Sterben,
von Krankheit, Trauer und Tod. Leben und Tod sind im Märchen eng
verbunden. Sie sind Lebensgeschichten oder wie der Erzählforscher
Lutz Röhrich sagt: „…was wichtig ist und den Menschen unmittelbar
berührt, wird weitererzählt [...]. Das Märchen betrifft jeden, weil es
Jedermanns-Wirklichkeit und Jedermanns-Wunschbild wiedergibt“.
Die Märchen wissen von der Begrenztheit des Lebens und versuchen
auf ihrer Weise mit dieser Grenzsituation umzugehen.
Märchen- und Mythenprotagonisten begeben sich häufig auf eine Reise,
in der sie die Grenze ins Jenseits überschreiten. Dort erwarten sie
existentielle Aufgaben und Prüfungen, die sie lösen müssen um als
Wissende, als Meister oder Meisterin zweier Welten wieder zurückzukehren.
Die Erfahrung und das Wissen der Sterblichkeit machen es den
Helden möglich in der Diesseitswelt helfend wirken zu können. Auf
die existentielle Frage, warum die Menschen sterblich sind, warum
die Vergänglichkeit zum Leben gehört, davon erzählen die Mythen der
Völker.
Die Märchen und Mythen, die in diesem Seminar erzählt und betrachtet
werden, stammen aus verschiedenen Kulturen. Sie zeigen eine Vielfalt
von Möglichkeiten auf, wie die Menschen mit Abschied und Verlust,
Tod und Trauer umgehen. Im Gespräch und im Betrachten von Bildern
und Symbolen nähern wir uns diesem Thema.
